Nun blabbert den Äppels ihr Steve auch wortgewandt von der Cloud, nein, der iCloud, so viel Individualität muss sein. Tolle neue IT-Schöpfung diese Cloud. Alles wabert irgendwie. Vor Äonen von Jahren hatten wir noch Zentralrechner, heute Server genannt, auf dem man sich mit einer einfachen Textkonsole eingeloggt hat um dann direkt auf dem Server zu arbeiten. Der Grund ist einfach: Jeder Schreibtisch hat seinen Bildschirm, die Power liegt für alle zentral im Keller und das Summen der Lüfter nervt die Büroangestellte nicht mehr.
Mit zunehmender Popularität von Windows änderte sich das Prinzip. Mehr und mehr, und sehr zur Freude der Software Industrie, wurde der Desktop Rechner zum Server selbst, schon weil seine Power exponentiell wuchs. Man gab dem Anwender, so er über die entsprechenden Kenntnisse verfügt, eine Maschine ungeahnter Möglichkeiten an die Hand. Programme über Programme erledigten jedes noch so kleine Problem. Server übernahmen nun weniger die Aufgabe der Bereitstellung von Rechenkapazität – vordergründig ging es nun um die Verteilung und Bereitstellung von Daten in einem Netzwerk, damit Uschi hinter der Plastikblume beim Drucker auch weiß, was für ein Bockmist Gustav Gründlich gemacht hat. Wer wusste, wo die Startleiste ist und was Word ist, hatte Computerkenntnisse. Und bei jedem Bildchen im Posteingang, in der Regel von der letzten Betriebsfeier, als Lars Langhans in den Aschenbecher kotze, kam dann das obligatorische «Sie haben WinZip jetzt seit 824 Tagen installiert. [Registrieren] [weiter testen]» Jeder Rechner überladen mit teurer oder zu gutmütiger Software und die Komplexität des Systems rief Störenfriede auf den Plan, die mit Trojanern und sonstigem antiquiertem Zeug das Leben des Workers an der Workstation schwer machten. «I love you!» im Betreff reicht, um auch das bedeutendste Mauerblümchen mit nur rudimentären Englischkenntnissen zu verzücken, und für eine Weile die gesamten Weltwirtschaftsmächte lahm zu legen. Und da das Betriebssystem selbst auch genug Grund zur Klage bot, fielen die surrenden Lüfter kaum mehr ins Gewicht.
Jetzt besinnt man sich wieder auf alte Tugenden. Aus Möglichkeiten werden Unmöglichkeiten. Wieder einmal waren es die Computerspiele, vordergründig als feature, hintergründig als Kopierschutzmaßnahme. Mit dem Argument der Sicherheit und Bequemlichkeit möchte man plötzlich nicht mehr das Scheunentor unter dem Schreibtisch stehen haben, sondern alles „in die Cloud“ auslagern. Wäre heute 1980 würden wir wohl sagen, „auf dem Zentralrechner arbeiten“. Damit können die Workstations, wieder mutiert zum reinen Terminal, aber diesmal in chic, nun schnell booten und sind supi sicher. Der Nachteil im Design jedoch ist, dass Deine Daten nicht mehr physisch zugänglich sind und eine hohe Abhängigkeit entsteht, sie lagern schlicht irgendwo bei nicht habhaftbar zu machenden Firmen, das regeln schon die AGB, und der Funktionsumfang des Herstellers bestimmt, was geht, und was nicht. Ich bekomme Beklemmungen, denke ich an meine FiBu, dessen unmittelbare Erreichbarkeit ich zehn Jahre sicherstellen muss, und an die ich mit SQL so schön selbst Hand anlegen kann.
Merke: Evolution ist richtungs- und wertneutral. Durch die hohe Abhängigkeit wird garantiert endlich wieder Kontrolle über das System zu erlangen. Einzelne Platzhirsche der Branche sind eben leichter zu kontrollieren als ein offenes System. Das hat Jobs früh gemerkt und er tauscht mehr und mehr das freie und netzneutrale Internet gegen Tageszeitung und Notizblock von der Bude um die Ecke. Stift kostet extra.
Und überhaupt: So ein voll ausgestatteter PC oder ein Smartphone mit dokumentierten und quelloffenen Schnittstellen ist ein mächtiges Monster. So mächtig, dass es kaum Geld und keiner Waffen mehr bedarf um Regierungen zu stürzen, man muss sich für eine Demo nicht mal nass machen (lassen). Geschicklichkeit im Umgang und gebildete Mehrheiten schaffen das durch die Leitung. Das kann man nicht wirklich wollen. Eigentlich hätte der leistungsstarke PC nie die heiligen Hallen der Area 51 verlassen dürfen und was dürfen wir dankbar sein, dass der Cloud Gedanke uns allen endlich wieder die Freiheit raubt. So antwortet die Regierung der USA auch: «Wer die Stromnetze unseres Landes sabotiert, muss mit Raketen im Schornstein rechnen». Hilfloser kann man sich kaum noch gegen eine reale Bedrohung äußern, zumal ohnehin bekannt ist, dass die Stromnetze in den USA auch ohne Sabotage nicht mehr lange machen.
Die derzeitige Entwicklung hin zur Vereinfachung, Verbundmachung und Verdummmachung ist jedenfalls perniziös für Kleingeister am Keyboard wie mich.