Hauptsache schnelles Internet!

Kabelfernsehen Anschluß
Kabelfernsehen Anschluß

Als Wupperaner, also ein an der Wupper ansässiger Bürger, hat es nicht leicht. Die digitale Spaltung ist längst geschehen, und während auf der einen Seite mit bis zu 50MBit für den kleinen Geldbeutel gequast werden kann, sitzen an der Wupper Bürger des Landes, die sich mit überteuertem ISDN oder analog begnügen, bescheiden wie sie sind. Vielleicht mal ein UMTS-Stick, wenn denn zufällig gerade ein Handynetz auf Stippvisite vorbeigekommen ist. Das dies ein eklatanter Standort Nachteil ist, dringt langsam auch in die Politik ein.Aber was tun ohne Geld und Verstand? Der Bürgermeister hatte es im letzten Jahr eindeutig formuliert:

Wir würden Geld für eine Infrastruktur ausgeben, an der die Telekom später verdient.
Korsten

Das ist natürlich abzulehnen. Es wurde noch nie aus öffentlichen Töpfen ein privatwirtschaftliche Unternehmen gepäppelt, und wer sind wir hier auf dem Dorf, dass wir damit anfangen könnten? Also baute sich in den Wupperortschaften weiter das sorgsam ausgesuchte 640x480px Oben-ohne-Bild zeilenweise auf, während man auf der Höh‘ längst HD fernsehen über die Leitung empfängt. Im Internet hat man eher bemerkt, dass alles immer schneller wird, auf Minderheiten kann keine Rücksicht genommen werden, und die heutigen Werbebanner- und Videos haben längst Datenvolumen erreicht, mit denen man früher eine ganze Internetseite erstellt hat. Das bekommt man auch an der Wupper zu spüren, und so war der Wunsch nach schnellem Internet nicht abgeklungen, auch wenn Bürgermeister Korsten so unnachahmlich zielsicher argumentiert hat. Immerhin, dass muss man der Stadtverwaltung zu Gute halten, hat sie sich insofern um ihre Bürger gekümmert, als dass sie ihre eigene Internetseite auf einem Stand belässt, der auch mit Technik von vor 10 Jahren bestens funktioniert, schon rein optisch.

Heute war dann im rga, der auch seit geraumer Zeit einen auf Internet macht aber bis heute nicht in der Lage ist korrekte Links zu setzen, ein Artikel zu lesen, der sich mit den Hintertürgesprächen im Rathaus beschäftigt. Es geht darum, dass die Wupperortschaften, zumindest teilweise, mit dem Kabelanschluss in Kürze doch schnelles Internet genießen können. Es heißt:

Und da es sich dabei um eine Auftragsvergabe an ein privates Unternehmen handelte, fanden die Beratungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Holla! Klingt da die Einsicht des Bürgermeisters durch? Genaugenommen, ist es aber noch viel schlimmer! Denn während sich Korstens Aussage bekanntlich auf den Ausbau des Telefonnetzes bezog, dass, wie man weiß, hinreichend liberalisiert ist, geht es aktuell um die Realisation über das Kabelfernsehnetz, welches, auch das ist kein Geheimnis, alles andere als liberal gestaltet ist. Deshalb ist im Artikel des rga auch logischerweise immer von DEM Anbieter die Rede.

Es liegt natürlich am Preis. Die Stadt muss haushalten, und wenn eine Lösung finanzierbar ist, dann sollte sie auch durchgesetzt werden, oder? Allerdings bekommt das obige Zitat von Korsten eben nun eine reale Bedeutung. Über das Telefonnetz, dass ohne Zweifel einem fließend Wasser Anschluß in einem Hochtechnologieland gleichzusetzen ist, stehen mir alle Möglichkeiten offen. Es gibt unzählige Provider, und unzählige Funktionen, die ich über das Telefonnetz realisieren kann. Es steht mir auch eine weitreichende Palette an Hardware zur Verfügung. Über Kabel jedoch bin ich den einen einzigen Anbieter gebunden, der, mit aller Vorsicht geäußert, sich auch nicht immer unbedingt als kundenfreundlicher und sicher in der Abrechnung arbeitender Anbieter zu erkennen gibt.

Den Kabelanbieter darf die politisch gewollte Durchführung der 180° Drehung natürlich freuen, und mit 300€ ist der Verbraucher dabei durch die Hintertür den Kabelanschluß gelegt zu bekommen. Und leidgeprüft weiß ich, dass man, auch wenn man ihn nicht nutzt, weil schon das Angebot über DVB-T besser und kostenlos ist, mit Werbung sorgsam eingedeckt wird. Wieder, und wieder, und einfach immer wieder.

Das Kabelnetz wird zum Kommunikationsnetz ausgebaut heißt es. Das ist politisch forcierter und öffentlich mitfinanzierter Monopolausbau. Es ist genau dass, was Korsten in Bezug auf die Telekom bzw. das Telefonnetz einwandte, was damals jedoch überhaupt nicht zutreffend war, jetzt jedoch umso mehr. Und wir dürfen jetzt alle einmal Hurra schreien! Freuen dürfen sich selbstredend auch die Unternehmen, deren Mitarbeiter sich an der Wupper in der Mittagspause auf dem Shoppingkanal von den Strapazen des High-Speed-Surfens erholen kann. Wenn das kein Argument für den Standort ist!

Natürlich ist das alles nicht konsequent zu Ende gedacht, sondern eine weitere unter finanziellem Druck etablierte Kompromissleistung, immerhin darf sich aus Töpfen des Landes bedient werden, die, wie wir alle wissen, einfach da sind und von niemandem gefüllt werden müssen. Wir sollten aber aufpassen was wir unter dem Diktat der Finanzen wie auskleiden. Altkanzler Schmidt vertrat unter der Inkaufnahme von Morden, dass der Staat nicht erpressbar sein dürfte, und die Finanzen beweisen, dass er es sehr wohl ist, weil nicht die sinnvolle und gerechte Lösung obsiegt, sondern die unter dem Diktat der Finanzen mögliche. Was juckt es heutige Entscheider, dass wir morgen für ganz andere Anwendungen trotzdem das ausgebaute Telefonnetz brauchen? Die Kommune ist dank Finanzdruck und Arbeitsplatzargument halt auch nur eine billige Nutte, die es denen macht, die am besten zahlen.

Vollkommen klar: Dem Wupperaner ist das vollkommen Schnuppe wenn er davon profitiert. Das ist nachvollziehbar. Aber gut gemeint ist selten gut gemacht, wenn die Geldbörse die Farbwahl bestimmt.

Schlußbemerkung: Über die Unsinnigkeit der Argumentation Korstens habe ich letztes Jahr einen Artikel verfasst. Den kann man sich hier durchlesen. Und am Rande sei bemerkt, dass dieser Artikel einen Aufruf erhält, dass sich Profiteure oder Personen die Profiteure kennen, die von der neuen Wülfingbrücke profitieren, bitte melden sollen. 461 Zugriffe hatte dieser Artikel bisher, im Schnitt blieb der Besucher über 1min auf der Seite (man kann also davon ausgehen, die Mehrheit hat ihn auch gelesen), und über 70% kommen hier aus dem Gebiet (regionaler Einwahlknoten). Aber keiner scheint jemanden zu kennen, der profitiert. ;-(

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