Malerisch schmiegt sich die mit 16T Traglast belastbare, grüne Stahlbrücke über die Wupper und verbindet das ehemalige Firmenareal sowie zahlreiche ehemalige Arbeiterwohnungen der Firma Johann Wülfing & Sohn mit der L414 nach Radevormwald oder Wuppertal. Auch ich konnte es mir nicht nehmen lassen die Brücke im Standardmotiv zu fotografieren, wohl wissend, dass ich sowohl Jahreszeit wie auch den für mich besten Sonnenstand abgewartet habe, denn den folgenden Artikel plane ich eigentlich schon eine ganze Weile.
16t – eine schon fast niedliche Traglast für die alte Brücke, die, alten Lichtbildnachweisen zufolge, auch die ein oder andere Hundertschaft von Schafen Raum zum überqueren der Wupper bot. Aber was wiegen schon Schafe, wir brauchen Lastfähigkeit! Wer bietet mehr? 30T? 40T? Oder direkt mit 60 Tonnen in die Vollen gehen? Und wer bietet den besten Preis?
Im viel zu warmen Dezember 2007 begann eine ruhmreiche Geschichte um die Wülfing Brücke. Baufällig wurde sie plötzlich, existenzbedrohend sei sie sogar! Eine Firma im über die Brücke erreichbaren, ehemaligen Firmenkomplex der Johann Wülfing & Sohn Textilfabrik hatte geklagt, die Brücke stehe dem Arbeitsablauf Firma im Weg. „40t brauchen wir, oder wir gehen weg“. Das lässt man sich nicht zweimal sagen! Korsten verkauft derzeit seinen Aldi Deal ja auch medienwirksam im Wahlkampf, in dem er, wie er sagt „in einem Kraftakt“, den Startschuss für eine weitere Planierung von Grünfläche in Radevormwald gibt, da der Um- und Ausbau bestehender Gelände zwar möglich, aber teurer wäre, als ein Neubau, was Aldi zum Weggang aus Radevormwald bewogen hätte. Dieses Verhalten als unnötigen Raubbau und/oder Erpressung zu bezeichnen bekommt hier aber keine offenen Ohren, dafür ist hier einerseits alles noch viel zu grün, und die wirtschaftliche Lage macht Politik zum Sklaven der Wirtschaft, wir messen jedes öffentliche Handeln ja nur noch in Arbeitsplätzen – es soll aber auch heute nicht das Thema sein.
Also ran an den Speck! 30T sollen es sein – so beschloss man es noch 2007 mit nur wenigen Gegenstimmen im Rat! Im Herbst 2008, so beschloss man im Frühjahr des selben Jahres, sollte trotz aller Bedenken innerhalb und außerhalb des Rats, mit dem Bau angefangen werden. Kurzerhand entschloss man sich noch um eine weitere Aufrüstung von 30 auf nunmehr 40 Tonnen Traglast. 3 Monate gab man dem Bau Zeit, 750.000€ sollte er kosten. Bereits im Mai waren wir dann nach politischer Eingebung schon bei 60 Tonnen Traglast, dafür würde die schon schmale Brücke in der Breite nochmal einen Meter verlieren. Und die Kosten? Die stiegen nun auf über 900.000€, und an die Baudauer hängte man nun mit 3,5 Monaten auch nochmal 14 Tage dran. Im Sommer 2008 waren wir dann endlich siebenstellig, wie es sich für Leuchtturmprojekte gehört. 1,35 Millionen €uro sollte sie nun kosten, die kleine schnuckelige Brücke über die Wupper.
Erstmal machen, Folgekosten in Folge berechnen!
Im August 2009 begann dann das THW schonmal die Behelfsbrücke für Fußgänger gut 50m neben der Wülfingbrücke zu bauen. Jetzt sind wir offiziellen Angaben nach nämlich schon im September 2009 angekommen, wo die Brücke dann endlich saniert werden soll. Dafür braucht es die Fußgängerbrücke, um keine nassen Füße zu bekommen! Und die Autofahrer? Die fahren eben durch Schnellental, was bislang mangels ausreichender Befestigung für den Durchgangsverkehr gesperrt ist. Hier ist wieder eine schöne Unbekannte im Spiel. Denn was es kosten wird sowohl den Auto- wie auch den Schwerlastverkehr durchs Schnellental zu lotzen, dafür gibt es nichtmal Abschätzungen. Aber wir fangen einfach mal an! Konkrete Zahlen haben wir jetzt aber wieder neue für den Bau der neuen Wülfingbrücke: 1,5 Millionen Euro sind aus dem 750.000€ Projekt geworden, mit einem Jahr Verspätung und weiteren, nicht abgeschätzten oder abschätzbaren Kosten für den Umleitungsverkehr.
Das ist Schweineng – da kommen wir sowieso nicht rum!
Also wühlte ich in alten Daten und rief doch mal einen alten Kunden meinerseits an, seineszeichens Geschäftsführer eines Logistikunternehmes, der eine ganze Flotte an Vierzigtonnern hat. Wenn nicht er, wer könnte besser eine grundsätzliche Auskunft über derartige Anlieferungsprobleme geben? Und wie sich im Gespräch herausstellte, hat der dort bereits mehrfach angeliefert. Eigentlich wollte ich wissen wie er plant, wenn es um die Anlieferung geht, die schwer oder nur eingeschränkt erreichbar sind. „Es ist überhaupt kein Thema Kunden mit kleineren Fahrzeugen bis z.B. maximal 12 Tonnen zu beliefern, wenn es der Umstand erfordert“ bekam ich zu hören. Wettbewerbsnachteile aufgrund höherer Kosten entstünden nicht wirklich. Das habe ich mir fast gedacht. Was mein sowohl sach- wie auch erfreulicherweise ortskundiger Kontakt aber noch sagte, war viel interessanter. Denn das ganze Wülfinggelände ist ganz unabhängig der Brücke überhaupt nicht geeignet für „so große Böcke„, weil es da „so schweineeng ist, dass man dort sowieso nicht rum kommt„. Der Bau des Wülfing Komplexes stammt eben zu weiten Teilen aus einer Zeit, als Roß und Reiter allgegenwärtig waren. Mit dem Bau des vierstöckigen Hauptfabrikgebäudes wurde 1833 begonnen, und nach einem Brand am 8 Juli 1836 rasch wieder aufgebaut.
Radevormwald plant nun seit über zwei Jahren fleißig eine Schwerlastbrücke für einen Standort, in dem derartige Fahrzeuge gar nicht rangieren können. Somit greifen auch die Vorstöße der AL, die Zufahrt an anderer Stelle mit einem Neubau zu ermöglichlichen, nicht weit genug. Ich weigere mich mit mehr als 12t dort anzuliefern (völlig egal welche Last die Brücke hat, die ist nicht das Problem). Sie kann es dann aber zusätzlich ganz schnell werden, wenn den aktuellen Planungen zufolge tatsächlich die Fahrspur verengt wird. Da hilft es auch nicht, den zahlreichen Anwohnern den Parkraum zu nehmen. Und selbst wenn die Brücke nicht das Problem ist, bleibt das Wülfinggelände ein eigentlich zu enger Komplex. Das weiß auch, um in die Zukunft zu greifen, jedes Unternehmen, welches sich dort eventuell niederlassen möchte, nach der ersten Besichtigung.
Man darf gespannt sein, ob die Auflastung der Brücke auf 60 Tonnen und die weitere Verengung der Fahrbahn und somit eine weitere Erschwerung für große LKW, von der Politik als standortsichernder und Arbeitsplatz schaffender Sieg gefeiert werden wird, auch wenn die einzige Firma, die überhaupt von derartigen Größenordnungen sprach, 2008 das Gelände verlassen hat.
Wenn Brücken im Spiel sind, scheint der Verstand der Beteiligten am anderen Ufer zu verweilen. Bin gespannt, wann eure Politclowns die Wupper schiffbar machen wollen.
Wirtschaftsförderung auf Radevormwaldisch! Mein Lieblingsthema, grrrr …