Sorgenvoll schauen wir voller Berechtigung in Regionen, die sich als Gottestaat verstehen. Der Islam scheint auch in Deutschland im Aufwind, islamistische Radikale geben weltweit täglich fundamentales Zeugnis ab, welche zerstörerische Wirkung der Glaube an das vermeintliche Gute für den Menschen und die Menschheit haben kann. Imagine there is no religion. Wir in Deutschland brüsten uns gerne durch die Trennung von Staat und Kirche und einer humanistischen, weil christlichen Gesellschaft. Der Islam, so scheint es, ist tief im Mittelalter verfangen, während wir, die Vergangenheit von kirchlicher Seite als „großes Missverständnis“ bagatellisieren, uns auf unsere fortschrittliche Gesellschaft berufen. Wie fortschrittlich ist die westliche Welt und ist es angebracht sich auf „christliche Werte“ zu besinnen?
»Der Tag des Herren wird kommen. Die Zweifler werden vernichtet, wir sind auf der Seite der Gewinner.«
Andrew Snelling
Längst gehört es auf dem politischen Parkett auf Grundlage der Bedrohung durch den Islam, vor dem wir uns seit Dekaden auf islamischem Boden verteidigen, zum guten Ton, sich auf „christliche Werte“ besinnen zu wollen bzw. dies zu fordern, ohne jedoch konkret zu kommunizieren, was christliche Werte genau sind.
Wir diskutieren in Kultusministerien aktuell wieder darüber in allgemeinbildenden, staatlichen Schulen in Deutschland im Biologieunterricht die Schöpfung zu lehren, zunehmend! In konfessionellen Einrichtungen sind schon immer biblische Werte gewesen, die trotz aller Stringenzschwäche sorgsam der Brut nahe gelegt wird. In Amerika landen mitunter Lehrer, die die Evolution unterrichten, auf der Anklagebank. Hier ist es nicht die römisch-katholische Kirche, sondern die protestantische Schicht, die geleitet durch die kreationistische und rassistische Speerspitze eines Martin Luther ihre Rechtfertigung ziehen. Kindern lehren wir bereits aktiv den Rassismus, in dem wir Glaube und Unglaube in die Köpfe zementieren, Gut und Böse. Wir sollen beten für unser Glück und sind völlig beseelt darin für die Ungläubigen zu beten. Wir erzählen unseren Kindern, ein allmächtiger Gott, der ein komplett perverses, unzulängliches Universum geschaffen haben soll, wäre allgütig und allwissend. Nun sind wir dabei den Geschichten und Anschauungen der Religion einen Raum zu schaffen, der ihnen nicht zusteht, indem wir sie auf den selben Status wieder zu erheben versuchen, von dem sie unlängst erfolgreich verdrängt wurden – und im Resultat eine bisher nie dagewesene Beflügelung des menschlichen Geists hervorrief.
Heute verfolgt man seitens der Kirche das Bild, die Evolutionstheorie wäre in Einklang zu bringen mit der Kirche. Allerdings werden Darwins Erkenntnisse derart verbogen, dass es sich nur noch um eine kirchliche Evolutionstheorie handelt und keine im wissenschaftlichen Sinne. Und überhaupt muss man sich fragen, warum unser Gott einen derart evolutionären Weg gewählt haben soll, und mehrfach Massensterben verursacht hat, damit wir überhaupt hier mal langlaufen können – die Geschichte der Erde und des Menschen in Einklang zu bringen mit der Bibel offenbart nur eine an Unzulänglichkeit nicht zu überbietende Gottheit. Im Resultat werden dann jedoch wissenschaftliche Theorien ad absurdum geführt, statt das Wort Gottes kritisch zu hinterfragen. In den USA gibt es bereits kreationistische Freizeitparks. Die moderne, wissenschaftlich aufgeschlossene Kirche, ist bis heute nicht existent, da sie noch immer am Wort Gottes hängt und versucht, alles mit der Bibel in Einklang zu bringen. Und es verwundert auch nicht, dass die Kirche keinerlei Zugeständnisse an unsere heutige Zeit macht, da sie sich damit gleichsam den Boden unter den Füßen nehmen würde. Das Problem ist eben nicht, dass der Vatikan keine Ahnung hat, sondern im Gegenteil, dass dort intelligente Interessensvertreter residieren.
40% der hauptsächlich protestantischen Amerikaner sind es mittlerweile, die an die Schöpfungsgeschichte glauben. Was mögen die atheistischen Gründervater der USA, die gegen die Kirche die erste Demokratie der Neuzeit erschaffen haben, (dieses Gut schreibt sich ja heute die Kirche selbst auf die Fahne) dieses Landes wohl über ihr Volk denken? Demokratie ist kein christlicher Wert, im Gegenteil wurde von jedem Pfarrer noch weit nach dem Zweiten Weltkrieg der Antimodenisteneid abverlangt, der sich eindeutig gegen Demokratie und gegen Menschenrechte aussprach.
Wo Gott geleugnet oder bekämpft wird, da wird bald auch der Mensch und seine Würde geleugnet und missachtet. Eine Gesellschaft ohne Gott ist die Hölle auf Erden.
Bischhof Mixa
Es ist eine historische, und schon im Kindesalter injizierte Geschichtsverfälschung zu behaupten, die Kirche wäre Lehrer und Wächter der moralisch, humanistisch handelnden Gesellschaft. Das Rad wird noch heute gedreht, und im Glauben an Menschlichkeit strömen Millionen in die christlichen Kirchen um Humanismus zu erfahren. Defacto wurden die Menschenrechte gegen die Kirche erwirkt. Dagegen ist es gerade die scharfe Installation von Gut und Böse, die Gutes zu Bösem entwickelt und anders herum – eine Drohkulisse, die Menschen gefügig macht. Um einen Menschen dazu zu bringen einen anderen zu töten, muss man zwingend erstmal Gut und Böse definiert haben, um sich eine Rechtfertigung gegen die innere Abscheu des eigenen Handelns herbei zu holen. Hier ist die Religion ein entscheidender Motor. Die Abscheu tausende Menschen zu töten und in ein Hochhaus zu düsen verliert man, wenn man es für die höhere Sache macht. Unsere heute maßgeblich soziale Ordnung hat nichts mit der Kirche zu tun, sondern wurde gegen sie entwickelt – der Chef höchst selbst ist ja jähzornig, eifersüchtig und rachsüchtig, und, auch dass soll nicht unerwähnt bleiben, steckt Ungläubige „in den Ofen“ – wohlgemerkt im Neuen Testament! Selbst in der Bergpredigt, der christlichen Humanismus-Speerspitze, hat das Feuer für Ungläubige eine eindeutige Endlösung parat. Ganz so, wie Hitler es von der Kirche geduldet bis unterstützend praktiziert hat.
Weil in der Mitte liegend, reich und ungeschützt,hat planend Furcht ein Bauwerk ausgeschwitzt; als Festung will Novemberland sich sicher machen vor Roma, Schwarzen, Juden und Fellachen.
Günter Grass: Novemberlied: 13 Sonette
Der Unterschied, den die westliche Welt heute gegenüber vielen islamischen Ländern hat, ist im Rahmen der Aufklärung vergessen zu haben, was die eigenen religiösen Werte sind und aussagen. In mittlerweile unzähligen Gesprächen mit Christen stelle ich immer wieder fest, dass der eigene Glaube ein diffuser Mix aus Gott, Kirche Pantheismus und Aufklärung ist, aber weit entfernt ist vom Christentum. Die Besinnung auf Humanität, Menschenrecht und Gleichberechtigung ist defacto kein christlicher Wert, womit die Aussage, sich in einem multikulturellem Land auf christliche Werte zu besinnen, höchst gefährlich ist. Christliche Werte sind Ausgrenzung, Vertreibung, Verfolgung und Ermordung Andersgläubiger, sowie mitunter Selbststrafe der eigenen, natürlichen und humansitischen Handlung. Ganz so, wie wir es derzeit von islamischen Radikalen erfahren. Wie hilfreich mag es sich sich angesichts der eigenen blutroten Geschichte sein, auf christliche Werte besinnen zu wollen?
Das ist alles vorbei!
Ist das so? Herzigovina, Bosnien, Kosovo, Somalia, Sudan, Afghanistan, Irak. Waffenlieferung in die Türkei. Darf es etwas mehr sein? Mit etwas Glück noch der Iran. Alles muslimische Länder in denen der christliche Westen, mitunter deutlich Gott bezeugend und unter dessem Banner, mit militärischer Überlegenheit interveniert hat und noch immer interveniert. Missionare im Irak, geduldet von der amerikanischen Führung, sprießen wie Pilze aus dem Boden. Mit einem Hauch Emphatie scheint es nicht verwunderlich, wenn wir Bomben unter den Sitz gelegt bekommen. Die Auflebung muslimischer Radikale scheint als logische Schlußfolgerung nicht sonderlich schwer zu erdenken, und tatsächlich nimmt gerade seit dem Einmarsch in Afghanistan und den Irak die Zahl religiös handelnder Mörder stetig zu. Doch statt sich auf Aufklärung und Humanismus zu besinnen, Werte für die die westliche Welt Achtung bekommt, rudern wir offensichtlich zurück zu Propheten und Weissagern.
Wir sind so fertig und gesättigt, wir gönnen uns wieder was! Stoiber hat völlig ernst gemeint drei Jahre Haft für Blasphemie gefordert, und wurde mit dem Vorschlag der Verschärfung des § 166 StGB von weiteren CSUlern unterstützt. Die Peinlichkeiten gipfelten darin, dass er anmahnte, dass es »außer den Simpsons keine normale Familie mehr im Fernsehen gäbe.« Herr wir sind so hohl wie wir voll sind! Seine Aussagen, nur zur Klarstellung, waren weit weg von der Maß Bier im Oktober. Kann man die Peinlichkeit noch steigern? Karikaturenstreit! Stoiber führt tatsächlich an, dass man Karikaturen, die die religöse Unzulänglichkeit nur allzu plakativ offenbaren, verbieten müsse, wenn Fundamentalisten als Reaktion darauf Morddrohungen aussprechen. Islamisten sind Fundamentalisten? Fundamentalisten haben wir in hohen politischen Ämtern in Deutschland. Die laden dann, wie unlängst Stoiber, zu Sitzungen in einem multikulturellen Land, um über die Bewahrung des christlichen Glaubens zu philosophieren. Vermutlich bei einer Simpsons DVD. Wem nutzt der gleichsame Aufbau von Schranken und Differenzen? Spalter haben Konjunktur – für was?
Es ist im säkularen Deutschland ja nicht mal möglich Werbung auf städtischen Bussen zu mieten, um den Spruch „Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott“ anzubringen. Das ist unser freies christliches Land. Wir dürfen an Regenwürmer mit toupierten Haaren glauben, wir dürfen an Kreuzigung und Dreifaltigkeit glauben, nicht zu glauben stellt aber noch immer ein Problem dar. Der arme Mensch.
Die höchste Philosophie des Naturforschers besteht eben darin, eine unvollendete Weltanschauung zu ertragen und einer scheinbar abgeschlossenen, aber unzureichenden, vorzuziehen.
Wir sollten aufpassen, ob wir totalitären Systemen, gleich welcher Strömung, Raum zur Entfaltung lassen. Wir sollten aufpassen, ob wir aus Erziehung oder Toleranz auch die Intoleranz tolerieren. Das unweigerliche Ergebnis tolerierter und dem Takt und Wissen der heutigen Gesellschaft gegensätzlichler Instrumente wie die Religion, und der staatlich garantierte Schutz überholter Fehllehren, obwohl unsere moralischen Werte dicht beieinander liegen mögen, können wir täglich in den Nachrichten erleben. Hier verfolgen wir in der christlichen, und insbesondere in der westlich-christlichen Welt, seit geraumer Zeit einen Kuschelkurs. Jedoch lässt sich das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche nicht davon abhalten, die Evangelisierung unbedingt voran zu treiben, und fordert über eine Milliarde Menschen auf, für die Juden zu beten, sodass sie zum rechten Glauben kommen. Ein Glaube, der in Afrika durch Hexenverfolgung noch immer zehntausenden Kindern das Leben kostet – oder diese zumindest verfolgt, drangsaliert und verstümmelt. In der Zeit Ratzingers ist es jedes Jahr eine andere ethnische Gruppe, die die christliche Keule bekommt. Die Bekehrung endet nach meiner Auffassung jedoch unweigerlich in Auseinandersetzung. Religion ist eine andere Ebene zur Durchsetzung eines Machtanspruchs – zumindest wird sie allgegenwärtig dafür mißbraucht – und eine Drohkulisse, wie aktuell der Islam, schafft Einigkeit unter der eigenen Gefolgschaft. Das kennen wir bereits seit 2000 Jahren. Dabei ist Rassismus tief in dem Grundgerüst unserer Religion verwurzelt, und wird täglich in zehntausenden Kindergärten täglich in den Nachwuchs gepflanzt.
Einige der grundlegenden Lehrer der Menschheit, Sokrates, Konfuzius, Menzius, bedurften keiner Religion. Nach allem, was wir von ihnen wissen, hat Sokrates seine Philosophie, hat Konfuzius seine Ethik alleine auf die Anstrengung seiner Vernunft gegründet – nicht auf Gott!
Helmut Schmidt
Lasst uns doch vernünftig sein!