Ob outlaw oder nicht scheint keine Frage der Handlung, sondern der Akzeptanz zu sein. Jetzt kramen wir im Sommerloch den ganzen alten Schinken wieder raus, der schon damals faulig grün zum Himmel stank. Na vielen Dank. Phoenix fragt sogar heute, ob Norwegen wohl ein gescheitertes Modell ist.Da läuft einer über eine norwegische Insel und wir sind zurecht erbost über so viel Widerlichkeit. „Blond, blauäugig, christlich“ titeln Zeitschriften in bester rassistischer Einordnung. Es gilt ein Profil herzustellen. Auch Chefredakteure sind sich nicht zu schade allzu überholte Einordnungen zu finden. Schon zu Winnenden habe ich geschrieben, dass das Feindbild möglichst einfach beschrieben werden muss, und möglichst weit weg aus unserer Gesellschaft heraus subtrahiert wird. Dabei war auch da der Schützenverein zentraler Punkt unserer Kultur und Bedingung für die Tat. Aber auch da waren Computerspiele die „einfachere Lösung“.
Jetzt sehen wir wieder all die Dokumentationen und gefälligen Äußerungen. Verbitterte, tieffaltige Gestalten haben Hochkonjunktur und definieren was Gesellschaft ist, was normal, was unnormal. Natürlich ist alles ihrem Weltbild entsprechende normal und legitim, alles andere nicht. Fernsehpsychologen reden uns Balsam in die Seele. Zum Glück war es ein Irrer, zum Glück sind wir normal. Wie sollte es anders sein. Sogar die Gothic-Bewegung wird wieder als Feindbild herhalten müssen, oder der arme Marilyn Manson. Was gerade am billigsten ist, wird gerne auch noch aufgenommen. Computerspiele sind schuld, das Kinoprogramm, die Handy Videos.
Schon mal in den Fernseher geschaut?
Wer sich ernsthaft wundert oder erschüttert ist, dass unsere Jugend Videos auf den Handys hat, wo in Guantanamo Häftlinge, oder besser „durch die Freiheit politisch legitimierte Folteropfer“, von Wärtern bespuckt, angepisst und erniedrigt werden, sollte doch lieber erstmal überlegen wie diese Videos zustande kommen, statt sich Filtertechniken für Kurzmitteilungen zu ersinnen. Warum haben wir immer den Anspruch unser Gegenüber müsse besser sein als wir, die diesen Scheiß täglich produzieren und kübelweise in die Medien tragen? Und in aller Überheblichkeit verurteilen wir es aufs schärfste, wenn andere genau das machen, was wir vorleben. Da sitzen und stehen Moderatoren im Fernsehen, die im Tagesrhythmus die größte und widerlichste Fernsehscheiße produzieren und geben sich dann im Nebensatz auf die eigene Erziehung angesprochen väterlich, man müsse aufpassen was man Kindern zu sehen gibt. Ganz prima. Auf der einen Seite Kindern Drogen verkaufen, und die eigenen Kinder ins Panzerglas stecken.
Was waren wir doch froh Hussein endlich dingfest gemacht zu haben. Jahrelang war er uns gut genug und wir haben diesen Diktator mit Waffen vollgepumpt um gegen unser Feindbild Iran vorzugehen. Dann ersinnt sich die Freiheit plötzlich die Lüge der Massenvernichtungswaffen und marschiert ohne Legitimation in das Land und mordet zig tausendfach. Sogar die Abwegigkeit einer Verbindung zu Al Quaida wurde ins Rennen geführt. Viele Veteranen sind heute hoch dekoriert mit Orden, für ihren Kampf für die höhere Sache. Nie habe ich so gehört dass die Massenvernichtungslegende eine „krude These“ war, wie dieser Tage über den Inhalt von Breiviks Pamphlet, was wohl niemand der Anchors wirklich gelesen haben dürfte. Und dann haben wir noch das Video für die „Freiheit“ des am Strick baumelnden Hussein. Kein Medium ließ es sich nehmen, es ausschweifend immer wieder und wieder zu zeigen. Schaut her liebe Welt, so gehen wir mit denen um, die uns Feind sind. Du wirst an unsere Überzeugungen glauben, oder Du wirst dran glauben.
Und heute sind wir kein bisschen Klüger und für die scheinbare „Stabilität“ liefern wir mit Milliardenerlösen Waffen in diktatorische Regime, damit auch morgen noch Soldaten des Westens einen anständigen Gegner haben, dessen Waffen sie nur allzu genau kennen. Ein Thema am Rande. Die Doktorarbeit von Chatzimarkakis erhält die geballte Aufmerksamkeit. Es geht um Werte, klar!
Da fliegen unter dem Deckmantel der Freiheit Jagdbomber über den Irak, über Afghanistan oder aktuell über Libyen. Jeder einzelne Verlust auf Seiten der Guten, für die Freiheit, wird heldenhaft zu Grabe getragen. Offiziere bekommen Orden für den mörderischen Kampf für die Freiheit.
Wer sich ernsthaft wundert über die „Islamophobie“ und die politsch am rechten Rand operierenden Blogs im Internet sollten mal nachschlagen wie sich die Presse auf die Anschläger vom 11. September gestürzt haben und sukzessive ein so dringend erhofftes, neues Feindbild nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aufgebaut haben, in verstecktem Rassismus Moslems unter Generalverdacht gestellt haben, sich die Überheblichkeit nehmen von jüdisch-christlicher Tradition zu sprechen und den eigenen Irrsinn geografisch einordnen zu müssen. Selbst der rechtschaffende Gemüsehändler hat die ganze Packung Fremdenhass abbekommen. Heute ist jemand, dessen Großeltern nach Deutschland eingewandert sind, eine Person mit „Migrationshintergrund“. Aber signifikant nur dann, wenn er auch irgendwie arabisch aussieht. Erst am Wochenende haben Arschlöcher in Radevormwald eine Moschee angegriffen. Mich wundert das nicht, lese ich mir die Presseberichte der letzten Jahre durch. Den Weg, den leichtgläubige Rechtsextreme heute bereitwillig „für ihr Land“ beschreiten, haben wir in jahrelanger Arbeit sorgsam gebaut. Er ist der logische Schluss, den man eigentlich ziehen müsste, könnte man den Bunten Bildern und Berichten Glauben schenken. Es wäre ja geradezu fahrlässig sich nicht „des Türken zu erwehren“, wo dieser doch Deutschland zerstört, mindestens aber massiv schadet?!
Immer wieder kommt die Frage, wie ein Mann wie Breivik zu solchen Taten fähig ist. Fragt mal beim Militär nach, die wissen ganz genau wie man Menschen für eine höhere Sache mobilisiert und abstumpfen lässt für Empathie. Das hat auch die Religion ganz prima drauf, der wir uns nur allzu gerne besinnen, wenn solche Ereignisse passieren. Wir gießen Öl aufs Feuer. Eine Woche aufgeweckter Medienkonsum ist vollkommen ausreichend um zu erkennen, wie jemand wie Breivik auf solche Taten kommt, wie man am besten abstumpfen kann. Aber es ist billiger die Antwort bei Marilyn Manson oder Computerspielen zu finden.
Amokläufer gibt es reichlich in dieser Welt. Nicht jeder wird als solcher erkannt. Wir sind alles Bäume in einem riesengroßen Wald und wundern uns plötzlich, dass direkt in unserer Mitte ungefragt so ein Holzteil aus dem Boden wächst? Machen wir uns doch nicht lächerlich. Es geht nicht darum Breivik zu relativieren, es geht darum das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen. Wo war der Aufschrei als man Hussein nicht als gewaltbereiten Diktator bis zur letzten Patrone kämpfend mit Massenvernichtungswaffen fand, sondern als kümmerliche Figur in einem Erdloch, dessen Land ohne wirkliche Gegenwehr überrannt wurde? Warum sitzt Bush nicht längst im Gefängnis für seine Kreuzzüge? Er macht sich als moderner Massenmörder, der Beziehungen auf der ganzen Welt vergiftet hat ein schönes Leben. Und auf die Ermordung Bin Ladens fällt unserer Bundeskanzlerin nichts besseres ein, als das „ausdrücklich zu begrüßen“. Wir werden schon eine Relativierung finden um uns weiter in die Tasche zu lügen. Irgendwie muss es ja erträglich bleiben. Menschen, die aus guten Gründen Konsequenzen für die Äußerungen unserer Kanzlerin oder das Verhalten Bushs gefordert haben, bekommen schnell den Stempel des Illusionisten, des Gutmenschen, des Irrationalen. Aber dann ist auch jeder irrational, der Konsequenzen für Breiviks Taten fordern.